hitzbleck.staudenherz
p r o j e k t r a u m

presents:

 
warriors

 

 

Das gemeinsame Ausstellungsprojekt von Svenja Wiese und Patrick Enssle widmet sich dem Thema „Krieger“ – jedoch aus zwei völlig unterschiedlichen Blickwinkeln. Während Enssle den Begriff im politischen und gesellschaftlichen Kontext verortet und Straßenkämpferinnen in Georgien dokumentiert, nähert sich Wiese der Idee des Kriegers über die Welt des inszenierten Kampfes: dem Universum der Berliner Wrestling-Szene. Beide Serien zeigen Menschen, die kämpfen – sei es für politische Ideale oder in einer überzeichneten Show. Zwischen Realität und Inszenierung entstehen so spannende Reibungsflächen, die ein neues Nachdenken über Heldinnentum, Maskulinität, Mut und Widerstand ermöglichen.

 

Patrick Enssles Serie „Georgia Protests: The Early Days of Riots“ dokumentiert die Anfangsphase der massiven Proteste, die ausbrachen, nachdem die regierende Partei „Georgischer Traum“ den Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union verkündet hatte. Als einer der ersten unabhängigen deutschen Fotografen war Enssle mit Schutzweste, Gasmaske und Helmkamera direkt im Zentrum der Auseinandersetzungen auf den Straßen von Tiflis unterwegs. Seine Aufnahmen zeigen nicht nur die Härte der Konfrontationen – Tränengas, Wasserwerfer, Barrikaden –, sondern auch den unbeirrbaren Durchhaltewillen der Demonstrierenden und ihre Entschlossenheit, für europäische Werte einzustehen. Die Serie reflektiert die Spannung zwischen Zerstörung und Hoffnung, zwischen urbanem Chaos und gesellschaftlichem Wandel. Sie wurde international mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Bronzemedaille bei den World Masters of Photography 2024 sowie als Finalist bei den Berlin Photo Awards und den All About Photo Awards.

In Kooperation mit der DHBW Ravensburg entstand im Rahmen der Ausstellungsvorbereitung – gemeinsam mit den Studentinnen Sarah Schmolz, Christina August, Mono Wiemers und Jana Kampter – die Idee, die dokumentarische Arbeit als immersive Installation erfahrbar zu machen. Das Projekt wurde unter der Leitung von Prof. Simon Gallus konzipiert und begleitet. Für die Berlin Art Week ist geplant, 30 Fotografien auf großformatige Projektionsflächen mittels Videomapping zu inszenieren. Die Projektionen werden mit Originaltonaufnahmen der Helmkamera unterlegt und durch Licht- und Nebeleffekte (Laser, Nebelmaschinen) ergänzt. So entsteht ein atmosphärisch dichter Erfahrungsraum, der die physische und emotionale Realität des Protests für die Besucher*innen unmittelbar erfahrbar macht.


Svenja Wieses dokumentarische Fotoserie „Catch me if you can“ porträtiert die vielschichtige Welt der Berliner Wrestling-Subkultur. Die Serie begleitet WrestlerInnen, die regelmäßig in ihre Rollen schlüpfen und sich im Ring inszenieren – doch hinter der Maskerade zeigen sie oft mehr von sich, als man erwarten würde. Zwischen Performance, Verletzlichkeit und Selbstermächtigung lotet die Arbeit aus, was es heute heißen kann, sich als „Krieger*in“ zu inszenieren – nicht trotz, sondern gerade wegen der eigenen Fragilität.

Wiese gelingt es, Klischees über Männlich- und Weiblichkeit, Stärke und Kampf zu hinterfragen und gleichzeitig die expressive Kraft dieser Subkultur sichtbar zu machen. Die Wrestling-Welt wird hier nicht als absurde Show entlarvt, sondern als Plattform für gelebte Identitäten, Emotionen und Zusammenhalt innerhalb einer Community. Die Serie versteht sich als Einladung, den Begriff des Kämpfers/der Kämpferin neu zu denken – jenseits klassischer Heldenbilder. Für ihre Arbeit kam Svenja Wiese 2025 in die Shortlist bei den Sony World Photography Awards in der Kategorie „Sport“ und wurde in diesem Rahmen im Somerset House in London ausgestellt.

Zur Vernissage der Ausstellung sollen Protagonistinnen beider Serien eingeladen werden. In einem moderierten „Protagonisten-Talk“ erhalten die Besucherinnen Einblicke in die individuellen Geschichten hinter den Bildern: in die persönliche Realität eines politischen Aktivisten aus Georgien genauso wie in die performative Selbstinszenierung eines Berliner Wrestlers. Dieser Dialog zwischen dokumentarischer Dringlichkeit und künstlerischem Ausdruck eröffnet neue Perspektiven auf das Thema „Krieger“ – und macht die Ausstellung nicht nur visuell, sondern auch diskursiv erfahrbar.